10.10.2025
Vortrag über das Leben in Afghanistan
"Eine Tasse Tee mit Osama bin Laden ..."
Annette Erös und ihr Mann Reinhard sprechen im Hochrhein-Gymnasium über ihr Leben in Afghanistan sowie ihren Einsatz für die notleidende Bevölkerung.
„Der Osama Bin Laden – der war damals unser Nachbar.“ Ein Satz, den sicherlich nicht viele Menschen sagen können. Doch Annette Erös, die gemeinsam mit ihrem Mann Dr. Reinhard Erös die Organisation „Kinderhilfe Afghanistan“ gegründet hat, weiß, wovon sie spricht. „Mein Mann hat öfters mit ihm Tee getrunken, als Bin Laden noch ein Widerstandskämpfer gegen die sowjetische Besatzung war. Darüber hat er später ein Buch geschrieben - "Tee mit dem Teufel.“ Gemeinsam reisen Reinhard und Annette Erös durch die Bundesrepublik Deutschland, gastieren in Schulen und Gemeindezentren und berichten von ihrem spannenden Leben im Dienste der Ärmsten der Welt. Auf Initiative von Paul Albiez-Kaiser, der das Ehepaar Erös bereits bei Vorträgen in Bad Säckingen und Basel kennengelernt hat, machten sie in dieser Woche Halt in Waldshut. Bereits am Dienstagabend hielten sie einen Vortrag im Bildungszentrum Waldshut, am Mittwoch waren sie im Musiksaal des Hochrhein-Gymnasiums zu Gast. Dr. Reinhard Erös begann seine berufliche Laufbahn als Arzt der Bundeswehr, reiste schon in den 1980er Jahren auf verschlungenen Wegen in das Land am Hindukusch, um dort den unter dem Krieg leidenden Afghaninnen und Afghanen medizinisch zu helfen. Im Verborgenen, oftmals in unterirdischen Höhlen, versorgte er unter primitivsten Bedingungen Kriegsverwundete und Erkrankte. Seitdem hat sie die Faszination für Afghanistan nie mehr losgelassen, mehrere Jahre lang lebten sie gemeinsam mit ihren drei Söhnen und der Tochter in der pakistanischen Grenzstadt Peshawar. Von dort aus organisierten sie Hilfe für die Menschen des bettelarmen Landes, welches in seiner Geschichte bereits viele Male überfallen und mit Krieg überzogen worden ist. Annette Erös vermittelt in ihrem Bericht einen eindrücklichen Einblick in ein Land der Extreme, dessen klimatische und geographische Bedingungen ein Überleben schwer machen. Als nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 die westliche Militärkoalition Afghanistan besetzt und nach eben jenem Osama Bin Laden sucht, der als Drahtzieher der Anschläge gilt, verlässt Erös die Bundeswehr. „Uns war klar, dass sich die Afghanen nie fremdbestimmen lassen werden – und dass der Einsatz des Militärs von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Und genau so ist es ja auch gekommen“, erzählt Annette Erös in ihrem Vortrag vor Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftskunde-Leistungskurse und des bilingualen Zugs des Hochrhein-Gymnasiums. Dem Ehepaar Erös war klar, sich weiter stark für die notleidende Bevölkerung Afghanistans einsetzen zu wollen, sie gründen die Organisation „Kinderhilfe Afghanistan“. Nach dem Abzug der westlichen Truppen 2021 und dem Wiedererstarken der Taliban ist sie die einzige große Nichtregierungsorganisation, die dank ihrer jahrelangen Erfahrung ihre Hilfsprojekte am Hindukusch weiterführen kann. Und dies trotz der rigiden Politik der Herrschenden, die Frauen das Recht auf eine angemessene Schulbildung oder einen Beruf verbieten. Im Gepäck hatte Annette Erös zahlreiche Bilder mit Eindrücken ihres Lebens und ebenso viele spannende Geschichten, die von ihrem jahrelangen Engagement in dem bettelarmen Land erzählen. Für die Schülerinnen und Schüler eine abwechslungsreiche Doppelstunde, in der sie aus erster Hand viele Impressionen und einige Lehren mit auf ihren Lebensweg bekommen. „Lest gute Bücher“, sagt Annette Erös, „das Handy ist schön, um sich mit Freunden zu verabreden. Aber es ersetzt kein Wissen. Engagiert euch. Geht in die Politik. Denn es macht Spaß, sich einzumischen. Und es braucht kluge Köpfe in den Regierungen dieser Welt.“
Text: Alexander Maus, HGWT
